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Saaltext, Ausstellungsraum

Of Rabbits and Ducks. Mit Mimmo Haraditiohadi, Golnaz Hosseini, Leah Nehmert und Arnaud Sancosme.

20.02. – 22.06.2025

2. Stock

Unter dem Titel Welche Tiere gleichen einander am meissten? – Kaninchen und Ente wurde 1892 in einem deutschen Satire Magazin vermutlich zum ersten Mal eine Darstellung der Hasen-Enten-Il- lusion abgebildet. In ein und derselben Illustration, lassen sich hier rund um ein fokussiertes Auge, die langen Ohren eines Kaninchens einerseits und andererseits der spitze Schnabel einer Ente ausmachen. Die beiden Tiere können dabei niemals gleichzeitig gesehen werden und so ändert sich beim Betrachten einer sogenannten Kippfigur die Wahrnehmung einer Form laufend. Der Philosoph Ludwig Wittgenstein stellte fest, dass sich das Erlebnis eines Kippbildes als individuelle Erfahrung von Dualität und Orientierungslosigkeit abspielt. Obwohl die Darstellung selbst zu jedem Zeitpunkt unverändert bleibt, erlebt ein Individuum hier einen wiederkehrenden Umschwung in der eigenen Wahrnehmung. In Anlehnung an das Phänomen bringt das Kunsthaus Langenthal in der Ausstellung Of Rabbits and Ducks vier junge, in der Schweiz lebende Maler:innen zusammen, die auf unter- schiedliche Art und Weise mit der Grenze zwischen Orientierungverlust und Abbildungsfunktion innerhalb einer formalen Betrachtungsweise der Malerei spielen. Im Zentrum der Ausstellung steht die gemalte Form sowie die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine unmittelbare Erfahrung der Malerei den individuellen Assoziationen mit einer Welt ausserhalb der Leinwand weichen. Wiederkehrend ist die Idee eines Orientierungsverlustes durch Kippmomente, welche wie das Hasen-Enten-Dilemma zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Eindeutigkeit zulassen. Entgegen vieler gegenwärtiger Tenden- zen zu absoluten Diskursen spricht die Ausstellung Of Rabbits and Ducks demnach eine abstrak- tere (Bild-)Sprache und vereint vier unterschiedliche Blickwinkel in einem gegenseitigen Dialog. Es offenbart sich eine Reflektion zur menschlichen Erinnerung, zu Hoffnungen und Träumen, zu Ängsten sowie zu den kollektiven und individuellen Umständen, welche uns unterschiedliche Dinge in der gleichen Form erkennen lassen.

Die Arbeiten von Golnaz Hosseini (*1990, Teheran) entstehen oftmals in Serien und nehmen wieder- kehrend Bezug zueinander. In ihren Leinwänden mischen sich organische Abschnitte mit monochro- men Farbflächen und kraftvollen Pinselstrichen. Nicht zuletzt durch den kontinuierlichen Einsatz von kräftigen Signalfarben erlangen die dargestellten Subjekte fast schon den Anspruch, unmissver- ständlich zu sein. Doch die Geschichten und Gestalten dieser Figuren scheinen sich von Bild zu Bild weiterzuentwickeln und ein ursprüngliches Verständnis zu relativieren, gar zu verwerfen. Zu einem Orientierungsverlust trägt auch eine hypnotische Tiefe in Hosseinis Farben bei, welche die Künstlerin ausschliesslich selbst herstellt und in einem langwierigen Prozess in dünnen Schichten aufträgt. Die vier grossformatigen Arbeiten, welche den Gang im zweiten Stock einnehmen, veran- schaulichen diesen transformativ-immersiven Charakter. Die Griffe der Zangen in Pliers (Dyptich) (2024) formen sich zu Diamanten oder herzartigen Gestalten. Auf den humanen Aspekt der Form, welcher mit einem streng grafischen Konzept bricht, lässt sich insbesondere auch im Dialog mit der späteren Arbeit Sci-ssors (2024) schliessen, wo sich zwei blaue Augen erkennen lassen oder rote Kleckse an Blutflecken erinnern. In umgekehrter Weise erscheint die Figur in Balaklava (2024) in ihrer Grösse und Wucht erstaunlich statisch, möglicherweise ausser Gefecht gesetzt. Generell ist dem Akt der freien Assoziation und des Erinnerns in Hosseinis Arbeit eine wichtige Rolle zuzumes- sen. So verweist auch Pliers (2023) neben modifizierten Formen und Farben aus einem Alltag auch auf den Beginn der Ausstellung und unsere unmittelbare Vergangenheit.